Montag, 11. März 2013

VIAJO

MOMENTAUFNAHME
Lesung mit Christoph Köhler und Filmpremiere VIAJO
Karlsruhe, Franz Kafka Literaturbühne
im A&S Bücherland, Rintheimerstr. 19
Donnerstag, 21. März, 20:00 h
UNESCO Welttag der Poesie

Veranstalter: Christoph Köhler (Leiter der Franz Kafka Literaturbühne) und das A&S Bücherland

VIAJO
Digital Video, PAL, 16:9
28:00 min
Film über einen Brief Fernando Pessoas an seinen
Freund Casais Monteiro
In deutsch/ portugiesischer Sprache
Portugiesischer Sprecher: Chambel Santos


Fernando Pessoa - Ein Projekt
„Eigentlich geht man am besten auf Reisen, indem man fühlt“ beginnt eines der Gedichte Fernando Pessoas. Dies könnte auch als Titel über Eva Wals Pessoa-Projekt „VIAJO“ stehen, denn in ihm geht es darum sich auf eine Reise zum Dichter zu begeben. Diese Reise kann nur eine Sinnesreise sein, denn das äußere Leben des Dichters verlief ausgesprochen ereignisarm. Doch hinter dieser Ereignisarmut verbargen sich personifizierte Fiktionen, die mit Eigennamen bedacht wurden und ihre eigenen biographischen und literarischen Geschichten haben. Sie verkörpern verschiedene Auffassungen von Dichtung, die kontrapunktisch gegeneinander abgesetzt ihre jeweiligen Individualitäten in ihren Werken zum Ausdruck bringen. Alvaro de Campos, Alberto Caeiro, Ricardo Reis und Fernando Pessoa heißen die Dichtergestalten.
Das (fast) alle Sinne ansprechende Projekt verschafft einen Zugang zur Vieldeutigkeit Pessoas und gibt so zugleich Raum für die Erschaffung von Vieldeutigkeit im Menschen, der sich einlässt auf die empfangenen Reize. Pessoa sagt an einer Stelle, dass „wer bei seinem Tode einen schönen Vers hinterlässt, hat Himmel und Erde bereichert und den Grund für das Dasein von Sternen und Menschen in ein stärker gefühltes Geheimnis erhoben“. In diesem Sinne macht der Film VIAJO von Eva Wal Pessoas Werk nicht nur über Lektüre in Einsamkeit erfahrbar, sondern über die Sinne hinweg erlebbar und wirksam.  

  Rainer Brauer, Literaturwissenschaftler


Fotos: Filmstills (c) Eva Wal



Viajo, ein Film von Eva Wal
Für die in Bonn lebende Multimedia Künstlerin und Autorin Eva Wal gehören das gesprochene wie das geschriebene Wort zum selbstverständlichen Arbeitsmaterial, das als selbstverfasster Text oder als Zitat in ihrem Werk eine entscheidende Bedeutungsebene eröffnet. Ihr künstlerisches Medium wählt sie jeweils der Absicht entsprechend. Der Film „Viajo“ ist eine Hommage an den portugiesischen Dichter Fernando Pessoa, der unter mehreren Synonymen Gedichte, Romane, Notizen und Briefe geschrieben hat und dessen Persönlichkeit auch wegen seiner Scheu vor der Öffentlichkeit bis heute fasziniert. Fernando Pessoas gedankliche Reisen begleiten in „Viajo“ die Künstlerin auf einer Fahrt durch das heutige Lissabon. Während die Stimme Chambel Santos Briefe Pessoas in seiner eigenen Sprache zitiert, folgt die Kamera in langsamer Fahrt den Straßen seiner Heimatstadt. Es ist dies auch der Blick vieler Touristen, denn Eva Wal nutzt die berühmte Straßenbahn, Linie 28, als Transportmittel, durch dessen Fenster der Alltag, Häuserfassaden, parkende Autos, Passanten, als Ausschnitt zu sehen sind, und die viele Lebensstationen Pessoas streift. Der Fensterahmen des Waggons im Bild  und die Perspektive verweisen auf die Distanz des Mediums und erzeugen gleichzeitig eine dokumentarische Unmittelbarkeit. Die Bahn ruckelt und Ampeln oder Haltestellen bringen auch den Fluss der Bilder zum Halten. Eva Wal setzt nur Schnitte ein, um vom Portugiesischen in die deutsche Übersetzung, gesprochen von ihr selbst, zu wechseln. Dann wird auch die horizontale Bewegung unterbrochen. Die Szene wechselt zu Ufergräsern. Neben den Stimmen aus dem Off sind immer noch die Geräusche der Umgebung zu hören. So verbindet die Künstlerin ihre Reise mit der fließenden Sprache des Dichters, Gegenwart und Vergangenheit. 

  Susanne Grube, Kunsthistorikerin